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Wirtschaft fordert Kanalausbau

Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals als Schlüssel zur Stärkung der Binnenschifffahrt

Dr. Thomas Rössler, Geschäftsführer des Hamburger Beratungsunternehmens HTC – Hanseatic Transport Consultancy, äußerte auf dem Tag der Binnenschifffahrt der IHK Schleswig-Holstein in Lübeck, dass die Logistik- und Hafenbetriebe im Hansebelt in Bezug auf den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals zu nachgiebig gegenüber der Politik sind.

„Wir leben mit zu vielen halbherzigen Kompromissen,“ sagte Dr. Rössler vor über 60 Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in den Räumen der Unternehmensgruppe Lehmann. „Der Kanal steht exemplarisch für ein Branchenproblem: Trotz freier Kapazitäten in der Binnenschifffahrt gibt es keine Anzeichen für eine Verkehrsverlagerung.“ Es scheint, als nehme die Politik das Thema nicht ernst.

Dabei ist das Binnenschiff ein wichtiger Bestandteil der Verkehrswende. Laut Rössler ist die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend für die Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene und das Schiff. Auch hier gibt es jedoch Probleme, da die Trimodalität im Lübecker Hafen noch nicht ausreichend entwickelt ist. Obwohl der Hafen genügend Kapazitäten für den Güterumschlag bietet, mangelt es vor allem an der Anbindung über das Schienennetz. Der Transport per Lkw wird zwar teurer, ist aber oft noch die bessere Alternative zum Binnenschiff. Deshalb ist ein Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals dringend notwendig, um mehr Güter auf das Wasser zu verlagern.

Der kostengünstige Einsatz moderner Binnenschiffe ist derzeit jedoch nicht möglich, da die Schleusen des etwa 60 Kilometer langen Kanals veraltet und zu kurz für neue Standardschiffe sind. Derzeit können nur 80 Meter lange Schiffe den Kanal passieren, von denen es nur noch wenige gibt. Daher ist das Transportvolumen in den letzten Jahren deutlich gesunken, obwohl der Bedarf im Lübecker Hafen weiterhin hoch ist, wie Lehmann-Geschäftsführer Sven Lohse bestätigte: „Die Modernisierung des Kanals ist von großer Bedeutung. Er ist die einzige Binnenwasserstraße mit trimodaler Anbindung an die Ostsee.“

Politik muss den Kanal in den Bundesverkehrswegeplan aufnehmen

Der Kanal bietet zudem große Chancen, Massengüter zu transportieren und dadurch Schiene und Straße zu entlasten. Aufgrund der eingeschränkten Kapazitäten kann Lehmann derzeit nur rund 130.000 Tonnen pro Jahr über den Kanal befördern, würde diese Menge aber gerne erhöhen. Daher forderte Lohse die Politik auf, den Elbe-Lübeck-Kanal wieder in den vordringlichen Bedarf des neuen Bundesverkehrswegeplans aufzunehmen und schnell auszubauen.

Bis die Schleusen modernisiert sind, könnte das Transportvolumen durch kleinere Einheiten erhöht werden, schlug Julius Küchle vom Fraunhofer Center for Maritime Logistics and Services (CML) in Hamburg vor. Möglich wären kleine, autonom fahrende Shuttleservices oder Schubverbände, deren Teile nacheinander die Schleusen passieren. Küchle betonte ebenfalls, dass Schiffe besonders für schwere Transporte geeignet sind. Je größer die Kapazität, desto höher die Wettbewerbsfähigkeit, betonte er. Zudem gebe es große Potenziale für Energie- und Kosteneinsparungen. Auch Guido Kaschel, Leiter der Lübeck Port Authority (LPA), sprach sich für den Einsatz kleinerer Schiffe aus, bis der Kanal durchgehend über lange Schleusen und erhöhte Brücken verfügt.

Binnenschifffahrt als vergessener Verkehrsträger

Der IHK-Arbeitskreis Elbe-Lübeck-Kanal hatte sich zuvor ähnlich positioniert. „Trotzdem wird die Binnenschifffahrt oft als vergessener Verkehrsträger bezeichnet, dessen Wachstumsaussichten hinter denen von Straße und Schiene zurückstehen“, sagte Rüdiger Schacht, Federführer Verkehr der IHK Schleswig-Holstein. „Dabei hat das Binnenschiff bei vielen Transporten unschlagbare Vorteile: den Preis, die Zuverlässigkeit und den ökologischen Fußabdruck. Auf dem Elbe-Lübeck-Kanal ersetzt ein Binnenschiff bis zu 40 Lkw-Fahrten – und es könnten viel mehr sein! Das Potenzial ist vorhanden, nur leider nicht die Infrastruktur“, beklagte er. Die Trimodalität des Lübecker Hafens sei eine seiner Stärken. Entsprechend hat die Binnenschifffahrt Zukunft. „Sie muss, da sind sich die Verkehrsexperten einig, Teil des Verkehrsmixes sein und bleiben, um die Kapazitäts- und Umweltprobleme der Zukunft bewältigen zu können.“

Der Elbe-Lübeck-Kanal muss in jedem Fall ein Bestandteil des deutschen und des europäischen Binnenwasserstraßennetzes bleiben, um die Potenziale der Häfen in Lübeck und Hamburg sowie der Region nutzen zu können. Eine funktionierende, ausreichend dimensionierte Infrastruktur ist dafür jedoch unerlässlich. Diese werde die IHK auch weiterhin bei der Politik einfordern, und zwar mit mehr Nachdruck, damit Bund und Land die Bedeutung des Kanals für die Verkehrswende endlich ernst nehmen.

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