Filmtipp

Chrischis Filmtipp zum Wochenende

NO HARD FEELINGS

Wenn eine oscarprämierte Schauspielerin extra ihre Babypause unterbricht, um eine Rolle zu verkörpern, dann muss es sich bei dem Film um etwas ganz Besonderes handeln – oder etwa nicht? „Silver Linings“-Star Jennifer Lawrence überraschte jedenfalls mit ihrer Wahl, in „No Hard Feelings“, einer durchaus vulgären Komödie (hierzulande übrigens mit FSK 12 bewertet), auf die Leinwand zurückzukehren. Vor Kurzem erschien der Film im Heimkino. Ich verrate Euch, ob sich die Anschaffung lohnt.

Maddie (Jennifer Lawrence) hat die Dreißig bereits hinter sich gelassen, weiß jedoch immer noch nicht so recht, in welche Richtung ihr Leben laufen soll. Seit frühester Kindheit lebt sie im New Yorker Küstenort Montauk, einem Urlaubsparadies für Reiche, in dem Haus, dass ihr Vater ihr und ihrer Mutter hinterließ, als er mir nichts, dir nichts die beiden zurückließ. Nun ist Mama im Himmel und Maddie wachsen die Rechnungen über den Kopf, die sie begleichen muss, um das Haus zu halten. Als man ihr das Auto pfändet, ist es mit ihrer Haupteinnahmequelle als Uber-Fahrerin für Touristen aus. Also muss dringend ein Plan B her.

Filmkolumne

Diesen findet sie in einer Anzeige, die die Helikopter-Eltern (Matthew Broderick und Laura Benanti) des 19-jährigen Percy (Andrew Barth Feldman) aufgegeben haben. Die suchen für ihren jungfräulichen Sohn ein erotisches Abenteuer, damit der sich vor dem Collegeantritt die Hörner abstoßen kann. Ihre Angst ist, dass ihr schüchterner Sohn, sollte er ohne diese Erfahrungen seinen neuen Lebensabschnitt antreten, das Opfer übler Hänseleien werden könnte. Die Belohnung für eine Runde Matratzentango ist zugleich die Lösung von Maddies Problemen: ein Buick Regal, mit dem sie ihren Job als Uber-Fahrerin wieder antreten könnte. 

Der Haken an der Sache ist, dass Percy keinesfalls erfahren darf, dass seine Eltern eine Sexualpartnerin gebucht haben für ihren Sprössling, weswegen Maddie wie zufällig auf den jungen Mann treffen und ihn verführen soll. Also sucht sie ihn im örtlichen Tierheim auf, wo der Teenager ehrenamtlich arbeitet, mit dem Vorwand, dass sie sich einen Hund zulegen möchte. Umgehend macht sie ihm eindeutige Avancen, doch damit schüchtert die 32-jährige Frau den Jungen deutlich ein, statt ihn zu verführen. Doch Maddie gibt nicht auf und schlittert damit von einer Katastrophe in die Nächste.

„No Hard Feelings“ ist kein Film, in dem man eine Oscarpreisträgerin erwartet. Er wirkt sogar ein wenig aus der Zeit gefallen (wie die Figur der Maddie selbst), traut sich doch heute kaum noch ein Regisseur an derart schlüpfrige Themen in Komödienform. Vor fünfzehn/zwanzig Jahren, als Filme wie „American Pie“ oder „Superbad“ noch Hochkonjunktur hatten, wäre „No Hard Feelings“ auch nur einer von vielen gewesen, kann er doch nicht ganz mit seinen Vorbildern mithalten. Trotzdem ist es erfrischend, dass sich Regisseur Gene Stupnitsky („Good Boys“) getraut hat, einem todgeglaubten Genre neues Leben einzuhauchen. 

Nicht jeder Gag sitzt, die Geschichte ist vorhersehbar und der dritte Akt ist leider zu rührselig geraten und steuert recht ungelenk auf das unvermeidliche Happy End zu – und trotzdem kann ich Euch die Komödie absolut ans Herz legen. Dies ist vor allem der Chemie der beiden Hauptdarsteller zu verdanken, die jeden noch so abgedroschenen Gag zum brauchbaren Schmunzler umfunktionieren. Außerdem gebührt mein größter Respekt der aus der Babypause gekommenen Jennifer Lawrence, die sich sogar traut, eine Full-Frontal-Nudity-Szene an den Tag zu legen. Der Knüller an diesem Moment ist, dass dieser nicht erotisch daherkommt und dies auch gar nicht sein möchte, sondern zu einem der besten, rabiatesten Gags der Komödie gehört.

Film

Es gibt eine Szene, in der Maddie eine High-School-Party crasht und auf der Suche nach Percy in den elterlichen Schlafzimmern diverse Jugendliche erwischt… wie sie in ihre I-Pads schauen. „Hat denn hier niemand mehr Sex?“ – eine Frage, die nicht nur sie sich stellt, die auch an das moderne Hollywood gerichtet werden müsste. Denn allein der Mut, den „No Hard Feelings“ hier an den Tag legt, ist bemerkenswert. Heutzutage sollten sich viel mehr Filmemacher und Studios an solche Stoffe, die damals die Lichtspielhäuser füllten, wagen. Damit könnte die Traumfabrik wieder aus der Lethargie der immer gleichen „Malen-nach-Zahlen“-Produktionen erwachen, die heute den Markt überschwemmen. Ich hatte jedenfalls Spaß an „No Hard Feelings“.

Photo Credits: AdobeStock

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