8 Blickwinkel
Alles hat mal ein Ende. Keine Sorge, nicht meine Kolumne ist gemeint, sondern der Familienurlaub, den ich die letzten Tage als Auszeit vom Verfassen von Filmkritiken nutzte und voll und ganz meiner Frau und den Kindern zur Verfügung stellte, Jetzt gerade, während ich diese Zeilen verfasse, sitze ich im ICE Richtung Heimat und möchte Euch einen fünfzehn Jahre alten Actionthriller vorstellen, den heute kaum noch jemand auf der Uhr hat und den wir im Urlaub wiederentdeckten: 8 Blickwinkel.
Handlungsort ist das spanische Salamanca, wo der US-Präsident (William Hurt) bei einer großen, öffentlichen Veranstaltung eine Rede über den Krieg gegen Terrorismus halten soll. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Das US-Fernsehen ist vor Ort, die Secret Service Agenten versuchen verzweifelt, die unübersichtliche Lage in der Menge auf dem Plaza Mayor unter Kontrolle zu halten, als es, nur wenige Sekunden nach dem Erscheinen des größten Staatsoberhauptes der Welt, zur Katastrophe kommt. Schüsse fallen und strecken den mächtigsten Mann der Welt zu Boden. Es bricht eine berechtigte Panik aus und schließlich lassen die Terroristen auch noch eine Bombe in der Ferne und eine weitere unter dem Rednerpult detonieren. Letzterer fallen dutzende Menschen zum Opfer.
Ein Auftakt, der temporeich zur Sache kommt und eine spannende Hatz im Stile der Serie „24“ zur Folge hätte haben können. Im Grunde bekommen wir auch eine ebensolche geboten, doch „8 Blickwinkel“ geht einen anderen, ungewöhnlichen und durchaus originellen Weg. Denn nachdem wir die Situation aus dem Nachrichtenübertragungswagen des fiktiven US-TV-Senders GNN, unter der Leitung der eiskalten Rex Brooks (Sigourney Weaver) verfolgen durften, spult der Film die Ereignisse ungefähr zwanzig Minuten zurück und serviert uns das Attentat aus der Sicht des angeschlagenen Secret Service Agenten Thomas Barnes (Dennis Quaid), der erst im letzten Jahr einen Anschlag unter Risiko seines Lebens vereiteln konnte und nun erstmals wieder im direkten Personenschutz eingesetzt wird. Dieser Perspektivwechsel erschließt uns weitere Einzelheiten über die schreckliche Tat.
Doch damit ist natürlich noch lange nicht Schluss. Es folgen noch die Perspektiven des örtlichen Polizisten Enrique (Eduardo Noriega), des amerikanischen Touristen Howard Lewis (Forest Whitaker), der mit seiner Videokamera das Geschehen festhält, des Präsidenten selbst und schließlich der Hintermänner, die hinter dem Attentat stecken. Dabei sehen wir nicht nur immer neue Datails, die Handlung läuft auch jedes mal ein Stückchen weiter, bis zum abschließenden, schweißtreibenden Finale.
Wer jetzt genau aufgepasst hat, ist über den deutschen Titel ebenso verwundert wie ich, denn scheinbar ist die hierfür verantwortliche Person des einfachen Einmaleins nicht mächtig, bekommen wir doch keine acht, sondern lediglich sechs Blickwinkel serviert. Der Originaltitel „Vantage Point“ = „Aussichtspunkt“ macht da deutlich mehr Sinn.
Von diesem Fauxpas des Verleihers sollte man sich aber keinesfalls abhalten lassen, dem temporeichen Thriller eine Chance zu geben. Selten bekommt man einen so rasant inszenierten Reißer um die Ohren, der auf der Zielgeraden zwar hier und da ein wenig konstruiert wirkt, dank seiner interessant struktuierten Erzählweise aber kaum Zeit zum Atmen oder gar Nachdenken lässt. Wer damals die eingangs erwähnte Serie „24“ mochte, der wird auch hier seinen Spaß dran haben, zumal Dennis Quaid einen ganz ähnlichen, gebrochenen Charakter wie den von Kiefer Sutherland dargestellten Jack Bauer verkörpert.
Wer „8 Blickwinkel“ ohne Zusatzkosten sehen möchte, der muss derzeit zum Amazon Prime Channel Sony AXN greifen. Den kann man aber, sofern man im Besitz des Grundabos ist, 14 Tage kostenlos testen. Auf DVD und Blu-ray ist der Film ebenfalls für den schmalen Geldbeutel erhältlich.
Photo Credits: Gaumont Columbia Tristar Films. / Christian von diemedienhuren
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