Der Eingang zur LMG Werft

Schiffswerft von Henry Koch

Die heutige Kulturwerft Gollan

Die erste Schiffswerft in der Hansestadt Lübeck, die sich dem Eisenschiffbau verschrieben hat, war die Schiffswerft von Henry Koch AG. Damit fand der Schiffbau an der Trave im 19. Jahrhundert erfolgreich Anschluss an die Entwicklungen im modernen Schiffbau dieser Epoche. Das Unternehmen wurde im Jahr 1846 als Maschinenfabrik und Eisengießerei Kollmann & Schetelig OHG gegründet. Zu Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts absolvierte Hermann Blohm, der später Mitbegründer der renommierten Hamburger Werft Blohm + Voss wurde, seine Ausbildung in diesem Betrieb.

Im Jahr 1873 erfolgte die Übernahme dieser Gesellschaft unter Karl Martin Ludwig Schetelig durch die neu gegründete Lübecker Maschinenbau-Gesellschaft in Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Das neu formierte Unternehmen begann mit der Herstellung zahlreicher Spezialschiffe, vor allem Schwimmbagger. 1876 wurde stolz das erste schwimmfähige Gerät ausgeliefert, gefolgt von einem dampfgetriebenen Trockenbagger im Jahr 1882. Zusätzlich fungierte das Unternehmen als Zulieferer beim Bau der Lübeck-Büchener Eisenbahn.

Ab dem Jahr 1930 erweiterten wir unsere Produktion erfolgreich auf Großbagger für den Braunkohletagebau. Im Jahr 1963 lieferten wir mit beeindruckenden 8000 Tonnen Gewicht den größten Schaufelradbagger der Welt für den Tagebau. Vor dem Jahr 1917 hatte die LMG lediglich 43 schwimmende Objekte hergestellt, darunter 2 Schleppdampfer, verschiedene Bagger, Spül- und Klappschuten, Fährpräme, Peilboot (“Ahne”) und Geräteprahm. Dabei befanden sich etwa 12 Objekte mit eigenem Antrieb, jedoch kein einziges seegehendes Schiff. Das Schiffbaubüro wurde erst 1917 durch die Einstellung des Schiffbauingenieurs Karl Zickerow ins Leben gerufen, der bis 1937 für die LMG tätig war.

Schon Ende der 20er Jahre gab es Fusionsgespräche mit Flender

Im Juli 1917 wurden die ersten beiden seegehenden Schiffe konstruiert, wobei das erste aufgrund schwieriger Materialbeschaffung erst im Frühling 1918 zu Wasser gelassen werden konnte. Der Bau des zweiten Bootes verlief schneller, jedoch erfolgte die Ablieferung erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Anfang 1918 wurde der Bau von 2 Schiffskörpern von Torpedoboot-Zerstörern (Bau-Nr. 145/146) in Auftrag gegeben, deren Zeichnungen und ein Großteil der bereits vorgearbeiteten Materialien von der Germania-Werft in Kiel geliefert wurden. Bei Kriegsende wurde der Bau sofort abgebrochen, das Material wanderte in den Schrott. Sämtliche schiffbaulichen Auftragsarbeiten der LMG in den Folgejahren wurden “auf Reparationskonto” für die Siegermächte, hauptsächlich Frankreich, ausgeführt.

Im Rahmen der Neuordnung der Lübeckischen Werften bemühte sich die LMG neben der Lübecker Flender-Werke AG um den Erwerb der Schiffswerft von Henry Koch. Schon Ende der 20er Jahre hatten Fusionsgespräche der Schiffswerft mit der LMG einerseits und Flender andererseits stattgefunden.

Die LMG war nur noch eine Halbwerft

Am 7. Februar 1933 bat die LMG den Verhandlungsführer in Sachen Neuordnung der Lübecker Werften um eine vorläufige Vertagung der mit ihr geführten Verhandlungen. Trotz der Vertagung blieb die LMG an einer Übernahme der Werft interessiert und führte entsprechende Gespräche mit Walter Thilo, dem Präses der Handelskammer, um die Bedingungen einer Übernahme zu fixieren. Das Aktienkapital der Werft sollte auf einen kleinen Wert herabgesetzt und danach wieder auf 600.000 RM aufgestockt werden.

25 % hiervon sollten an den Lübecker Staat gehen, der ihn wiederum mit der Lübecker Kreditanstalt verrechnen sollte. Im Februar 1934 sagte die LMG jedoch die Übernahme ab. Bei um 75 % gesunkenen Umsätzen und verlustreichen Vorjahren bräuchte man das Geld zur Gesundung. Zudem wäre man intern zu dem Schluss gekommen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb zweier Werften in Lübeck kaum möglich sei. Oberflächlich betrachtet war die Begründung schlüssig, jedoch zweifelhaft, da sich die Lage seit dem Übernahmeangebot nicht geändert hatte. Die LMG war nur noch eine Halbwerft, die, nur noch für den Fall, dass Flender nicht zur Erfüllung aller Aufträge im Stande war, auch als Werft fungierte.

Für die Lübecker hieß Orenstein & Koppel Ochsen & Knechte

Im Jahr 1950 fusionierte die LMG mit Orenstein & Koppel zu Orenstein-Koppel und Lübecker Maschinenbau AG. 1955 wurde stolz der 500. Neubau ausgeliefert, und 1959 arbeiteten über 4200 Beschäftigte im Werk. In den 1960er Jahren hatte das Unternehmen 3000 Beschäftigte und stellte neben Großbaggern Bordkrane und Unterwasserschaufelräder her. Obwohl der Betrieb in den 1970er Jahren die Fertigung von Tankern aufnahm und beispielsweise Chemikalientanker baute, wurde der Schiffbau im Jahr 1987 eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Schiffbaubetrieb etwa 770 Fahrzeuge produziert.

1993 wurde das Unternehmen von Krupp übernommen und der Name in Krupp Fördertechnik GmbH geändert. Es setzte dabei auf eine Zusammenarbeit mit dem Lübecker Unternehmen DeWind. Im Jahr 2000 verkaufte die Krupp Fördertechnik GmbH das Lübecker Unternehmen für einen negativen Kaufpreis an die Hamburger Anwälte der Nord GB. Es wurde wieder zur Lübecker Maschinenbau Gesellschaft und beschäftigte zu diesem Zeitpunkt noch 520 Mitarbeiter. Krupp gewährte bei der Übernahme ein zinsloses Darlehen in Höhe von 20 Millionen Mark, das später nicht zurückgezahlt wurde, unter der Bedingung, die Arbeitsplätze bis 2003 zu erhalten.

Im Jahr 2002 wurde die Abteilung für Schwimmbagger von der Vosta B.V. in Amsterdam übernommen, die sich danach in Vosta.LMG umbenannte. Am 1. Juni 2003 setzte die Beteiligungsgesellschaft Nord GB einen Liquidator ein, der das Unternehmen auflösen sollte. Ein vom Amtsgericht Lübeck eingesetzter Insolvenzverwalter aus Hamburg hielt jedoch den Betrieb aufrecht; vier Jahre später, im April 2007, übernahm der Bremer Jan-Hinrich Gottwald das Unternehmen. Sein Ziel war die Konzentration auf die Märkte des Windkraftanlagenbaus, der Stahlwerksausrüstung und der Hafenlogistik-Anlagen. Das Land Schleswig-Holstein und seine Förderinstitute unterstützten das Unternehmen mit insgesamt fünf Millionen Euro in Form von Bürgschaften.

Seit September 2015 ist das Gelende nun als Kulturwerft Gollan bekannt.

Im Jahr 2007 wurde das Unternehmen in LMG Anlagenbau GmbH umfirmiert, zu dieser Zeit wurden 114 Arbeitnehmer beschäftigt. Im April 2010 stellte die LMG einen Insolvenzantrag. Die zuletzt 130 Arbeitnehmer verzichteten auf Urlaubsgeld und nahmen Lohnkürzungen hin. Am 28. Juli 2010 wurde die Schließung des Betriebs zum 31. Juli 2010 angekündigt. Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe beklagte den Verlust „ein(es) Stück(s) bester lübscher Industriekultur“. Das Werksgelände mit 125.000 Quadratmetern Flächeninhalt sollte verkauft werden, um Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Die Beschäftigten wurden zunächst in Kurzarbeit geschickt, nachdem sich Anfang August 2010 zwei Übernahmeinteressenten meldeten.

Seit dem 1. Oktober 2010 gehört LMG zur Wilms-Gruppe des Unternehmers Johann-Erich Wilms aus Menden (Sauerland). 2014 wurde das Werksgelände zum Veranstaltungszentrum Kulturwerft Gollan umgebaut. Die vom Unternehmer Thilo Gollan erworbenen Hallen standen 20 Jahre lang leer. Im September 2015 wurde die Kulturwerft eröffnet. Mittlerweile befinden sich viele junge Unternehmen auf dem geschichtsträchtigen Gelände der LMG Werft, unter anderem wir von Lübeck Verliebt.

Photo Credits: LübeckVerliebt

Adresse: Einsiedelstraße 6, 23554 Lübeck
Website: kulturwerft-gollan.de
Instagram:kulturwerft.gollan.official

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