Taufschale

Mein Lieblingsstück – Taufschale aus Silber

Eine Taufschale aus Silber ist das Lieblingsstück von Dr. Birte Lipinski. Für die Leiterin des Lübecker Buddenbrookhauses hat das Stück aus dem Besitz der Familie Mann viele Facetten, die ihr Haus repräsentieren. Die Schale steht für die Familie Mann, hat das Exil mitgemacht – und taucht in der Weltliteratur prominent auf.

Die Schale war schön, von einfacher, edler Gestalt, geformt von dem strengen Geschmack der Frühzeit des letzten Jahrhunderts. Glatt und gediegen ruhte sie auf rundem Fuße und war innen vergoldet; doch war das Gold von der Zeit schon zum gelblichen Schimmer verblichen.

Der goldene Schimmer, den der junge Hans Castorp im „Zauberberg“ noch sehen konnte, ist inzwischen weiter verblichen. Dennoch findet Birte Lipinski die „einfache, edle Gestalt“ des Biedermeierstücks für sich schön. Was für die Germanistin und Literaturhistorikerin das Stück aber bedeutsam macht, ist die vielfache Symbolik, die die silberne Schale in sich vereint.

Da ist zum einen die Tradition der Manns vertreten: Haustaufen waren ursprünglich dem Adel vorbehalten „und hier sieht man das selbstbewusste Bürgertum, das sich das aneignet – Stolz und Understatement in einem.“ Ursprünglich stammt die Schale aus Hamburg, kam durch die Grotjahns – Duchamps in den Buddenbrooks – nach Lübeck.

Dann repräsentiert die Schale das Werk von Thomas Mann. Gleich dreimal taucht sie im Werk auf. Prominent am Anfang des „Zauberbergs“, dann wird sie bei der Taufe von Hanno in den „Buddenbrooks“ erwähnt und schließlich findet man sie im „Gesang vom Kindchen“ wieder. Besonders die detaillierte Beschreibung im „Zauberberg“ ist für Birte Lipinski ein Zeichen für den Wert, den das Stück für Thomas Mann persönlich hatte. Die „verdoppelte, verdreifachte, vervierfachte“ Vorsilbe „Ur“ bei den Vätern spiegelt die Tradition wieder, die im Leben von Thomas Mann eine große Rolle spielt.

 

Mich fasziniert das Zusammenspiel von Literatur und Realität, das in der Schale lebendig ist. Das Buddenbrookhaus zeigt genau dieses Zusammenspiel.

Taufschale

Schließlich steht die Geschichte der Schale für die Entstehung des Museums: Lange Zeit war die Beziehung zwischen Thomas Mann und Lübeck gestört. Obwohl er die Enge verachtete „war Lübeck für Mann immer ein Sehnsuchtsort“, so Lipinski. Und die Lübecker hatten immer ein gespaltenes Verhältnis zum großen Sohn der Stadt – das zeigte sich auch im Zustandekommen der Ehrenbürgerwürde. 1975 übergab der Sohn die Schale der Thomas-Mann-Gesellschaft in Lübeck. 1993 fand sie ihren Platz im neuen Buddenbrookhaus „von dem man nie weiß, wohnten hier die Manns oder die Buddenbrooks“, wie Lipinski findet.

Taufschale

Photo Credits: ppe, Olaf Malzahn

Adresse: Mengstraße 4, 23552 Lübeck
Website:  buddenbrookhaus.de
Instagram: buddenbrookhausluebeck
Facebook: buddenbrookhaus

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