Segeln gehört zu Lübeck
Die maritime Stadt Lübeck feiert derzeit ein bemerkenswertes Doppeljubiläum, bei dem gleich zwei traditionsreiche Segelvereine ihr 125-jähriges Bestehen zelebrieren: Der Lübecker Yacht-Club und der Segler-Club Hansa. Diese beiden Vereine, gegründet auf völlig unterschiedlichen Grundlagen, haben über die Jahrzehnte hinweg nicht nur die Liebe zum Segeln, sondern auch die Vielfalt der Menschen, die diese Passion teilen, verkörpert.
Es war die Ära der 1880er Jahre, als majestätische Rennschoner mit ihren weiten Überhängen das Bild der Kieler Förde und der Lübecker Bucht prägten. Diese Schönheiten der offenen Kielbootklasse wurden von stolzen Eignern in Wettfahrten eingesetzt, wobei ihre tendenziell überdimensionierten Yachten waghalsige Manöver wagten. Kaiser Wilhelm II., der zeitlebens eine tiefe Begeisterung für die Seefahrt und das Segeln hegte, zählte zu den regelmäßigen Gästen dieser Sportregatten der Adligen und Wohlhabenden auf deutschen Gewässern. Sowohl er selbst mit seiner Yacht “Meteor” als auch seine Gattin Auguste Viktoria mit der “Iduna” nahmen an diesen Veranstaltungen teil. Bereits ab 1889 fungierte Wilhelm II. als Kommodore des Kaiserlichen Yachtclubs und beteiligte sich regelmäßig an der Kieler Woche. Später gesellte er sich auch zu den Veranstaltungen in Travemünde.
Es war jedoch in Travemünde, wo sich die Geschichte des Lübecker Yacht-Clubs entscheidend entwickelte. Vorangegangen von einer kleinen Wettfahrt zweier Hamburger Kaufleute um eine Flasche Lübecker Rotspon, wurde diese Regattaveranstaltung mit der Zeit zu einem Ereignis von wachsender Bedeutung, organisiert von Hamburger Führung. In diesem Kontext rief Kaiser Wilhelm II. die Lübecker Bürger dazu auf, sich aktiv am Segelsport zu beteiligen und insbesondere bei der Organisation der Travemünder Woche mitzuwirken. Am 30. August 1898 wurde schließlich der Lübecker Yacht-Club gegründet, und die Organisation der Travemünder Woche wurde fest in seiner Satzung verankert.
Während die wohlhabende Segelklasse von Kaiser Wilhelm II. dazu ermutigt wurde, ihre Leidenschaft auszuleben, blieben die Arbeitergemeinschaften von dieser Möglichkeit weitgehend ausgeschlossen. Segeln war zu jener Zeit ein aufstrebender Trend, der aus England nach Deutschland gelangte. Die individuell gestalteten Rennyachten, maßgeschneidert für ihre Besitzer, waren kostspielig und das gesamte Rahmenprogramm, einschließlich der festlichen Kaiserfrühstücke, erforderte eine angemessene Garderobe.
Dennoch ließen sich die Arbeiter nicht von ihrer Leidenschaft abbringen. Für sie war Segeln nicht nur ein Zeitvertreib, sondern ein Lebensgefühl. Trotz einer harten sechstägigen Arbeitswoche mit über 60 Stunden harter Arbeit gründeten fünf Lübecker Arbeiter den Segler-Club Hansa. Ihr Verein, der sich der Förderung des Segel- und Wassersports sowie des geselligen Austauschs verschrieben hatte, wurde am 27. August 1898 ins Leben gerufen – nur knapp vor dem Lübecker Yacht-Club.
In einer Zeit, in der soziale Schranken und Klassenunterschiede deutlich spürbar waren, haben beide Vereine Geschichte geschrieben. Der Lübecker Yacht-Club, gegründet auf Anregung des Kaisers, und der Segler-Club Hansa, ins Leben gerufen von Arbeitern, stehen symbolisch für die Diversität der Segelkultur in Lübeck. Beide Vereine haben über die Jahrzehnte hinweg Menschen vereint, die eine gemeinsame Leidenschaft für das Segeln teilen, unabhängig von ihrer Herkunft oder sozialen Stellung.
125 Jahre später sind der Lübecker Yacht-Club und der Segler-Club Hansa nicht nur ein Beweis für die Beständigkeit und Vielfalt des Segelsports, sondern auch für die Bedeutung von Gemeinschaft und Zusammenhalt, die über Generationen hinweg bestehen bleiben können.
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