Dr. Lars Frühsorge mit einem Kürass aus der Südsee

Mein Lieblingsstück – Kürass

Ein Kürass aus der Südsee ist das Lieblingsstück von Dr. Lars Frühsorge. Der Ethnologe ist Leiter der Völkerkundesammlung in Lübeck. Derzeit ruhen die rund 26 000 Exponate der Sammlung im Magazin des alten Zeughauses neben dem Dom zu Lübeck.

Ausschnitt eines Kürass in der Völkerkundesammlung

Wenn es nach ihm geht, könnte das Zeughaus auch Ort für eine eventuelle Ausstellung der Völkerkundesammlung sein, findet Frühsorge. Immerhin steckt in dem Bau auch einiges an Symbolik für die Sammlung: Da ist die Nähe zum Dom und die wechselvolle Geschichte des Hauses.

Kürass mit Fokus auf dem Schulterbereich

Der Kürass ist eine Rüstung, die die Krieger auf den Gilbert-Inseln in Polynesien in ihren Stammesfehden trugen – sie waren dabei auch gleichzeitig repräsentative Stücke. Es besteht aus Kokosfasern, das eingewebte Haar der eigenen Frauen sollte den Kriegern magischen Schutz und Kraft verleihen. Seit die Kolonialverwaltung diese Auseinandersetzungen beendet hatte, verloren die Rüstungen ihren praktischen Nutzen. Häufig wurden Waffen und Rüstungen an Europäer verkauft, die sie von ihren Fernreisen als Souvenirs mitbrachten. So gelangten viele Stücke in Völkerkundesammlungen. Der Hamburger Kaufmann Hermann Grösser brachte den Kürass nach Lübeck.

„Wir haben hier nicht nur eine Sammlung von Kuriositäten“, erklärt Frühsorge. Gerade Länder wie der Inselstaat Kiribati, zu dem die Gilbert-Inseln gehören, stoßen auch in Völkerkundesammlungen auf Spuren ihrer Identität, die es vor Ort nicht mehr gibt. Dazu kommt, dass Kiribati akut vom Klimawandel bedroht ist. „Wir leisten hier dokumentarische Arbeit. Für Völker ohne Land können diese Objekte Bezugspunkte ihrer Identität sein.“ Ein Bootsmodell aus Alaska in Lübeck diente beispielsweise den Bewohnern der Alëuten als Vorlage für eigenes verlorengegangenes Wissen.

Die Rüstung aus Kokosfasern und Frauenhaar hatte praktische und kultische Bedeutung. Nach der Befriedung durch Kolonialherren verlor sie an Bedeutung.

Das Spannungsfeld zwischen Bewahren und der aktuellen Diskussion um geraubte Kultur ist auch hier relevant. „Wir sind hier nicht so im Fokus, aber wir prüfen unsere Stücke auch“, sagt Frühsorge.

Bei der aktuellen Standortsuche betont er bei aller gebotenen Zurückhaltung bislang unbeachtete Vorzüge des aktuellen Standorts: „Der Dom nebenan steht für den Einfluss der Kirche auf das Verhältnis zu indigenen Völkern. Und der Gestapo-Keller des Zeughauses als Denkmal des Holocausts ist Mahnung zur Verantwortung.“

Photo Credits: ppe

Adresse: Großer Bauhof 14, 23552 Lübeck
Website: vks.die-luebecker-museen.de
Facebook: Völkerkundesammlung Lübeck

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