Über die Wallanlagen neben der Mühlenbrücke führt ein beliebter Spazierweg. Wer von der Wallstraße aus nach Norden auf die Anlagen geht, findet einen Wegweiser „Prahls Wall“. Auf halber Höhe kommt man an einem Obelisken vorbei, der auch den Namen Prahls trägt. Die Inschriften auf diesem Stein tragen nicht wesentlich dazu bei, die Geschichte dahinter zu entschlüsseln. Offenbar wurde hier ein Zivilist in einer militärischen Auseinandersetzung zum Opfer. In der Geschichte dahinter spielen mit: Napoleonische Truppen und ein mutiger Metzgermeister.
Zwischen 1806 und 1813 gehörte Lübeck zum napoleonischen Reich – genauer als bonne ville und Hauptort zum Département des Bouches de l‘Elbe. Gegen Ende der französischen Besatzung wurde die Stimmung in der Stadt gegenüber den Franzosen immer gespannter. Bei einer Musterung auf dem Markt am 5. Juli 1813 eskalierte die Situation: Die anwesenden Zivilisten verspotteten die angetretenen Truppen, ein Offizier versuchte, die Ordnung wiederherzustellen und geriet mit dem Fleischermeister Jürgen Paul Prahl aneinander – der daraufhin verhaftet wurde. Ein Militärgericht verurteilte Prahl zwei Tage später. Am 7. Juli 1813 wurde er auf dem Festungswall hingerichtet. Sieben Jahre später weihten die Lübecker Handwerkerzünfte das Denkmal ein – Jürgen Prahl wurde nach der Befreiung zu einer Art Held der Besatzungszeit verklärt.
Der Architekt Joseph Christian Lille hatte das Denkmal, ein typisches Beispiel des Klassizismus, entworfen. Der Steinhauer – und zeitweise Zunftvorsitzende der Maurer – Georg Pieter Remé, der auch den ersten Entwurf lieferte, führte die Arbeiten aus. Mehrere Sinnsprüche zieren den Obelisken, prominent der Sinnspruch „Waffengewalt erkohr zum Opfer den friedlichen Bürger“: Hier findet sich ein deutlicher Verweis auf die Heldentat des zivilen Ungehorsams gegen die Besatzungsmacht. Die „vereinten Ämter“, also die Handwerkszünfte werden als Stifter ebenso verewigt.
Beim Bau des Elbe-Lübeck-Kanals verschob man das Denkmal etwas, da der eigentliche Standort abgetragen wurde.
Photo Credits: ppe
Adresse: Prahls Wall / Wallstraße, Lübeck
