Dieses Pergament zeigt, dass die schottischen Unabhängigkeitskrieger unter William Wallace – vielleicht erinnern sich einige an die Verfilmung „Braveheart“ mit Mel Gibson – keine ungehobelten Raufbolde waren, sondern kurz nach dem Sieg über die Engländer begannen, die neu gewonnene Unabhängigkeit auf wirtschaftlich starke Füße zu stellen. Sie waren sich der Bedeutung der Hanse wohl bewusst, sie kannten die Kommunikationswege innerhalb des Hansebundes: Wenn Lübeck davon Kenntnis bekam, dann konnte man sicher sein, dass binnen kurzem jeder Kaufmann der Hanse davon etwas erfuhr.
Dieser Brief wartet nicht mit großen Schmuckelementen auf, es ist sehr schlicht und klein: Hier geht es nicht um Repräsentation, es ist ein pragmatisches Schriftstück in einer Zeit, in der Pergament knapp ist. Von den ursprünglich zwei Siegeln ist nur noch das von William Wallace erhalten, das von Andrew de Moray fehlt.
Was das Pergament aber abseits des historischen Kontextes so bedeutend macht, ist der Umstand, dass es das einzige Dokument ist, das von dem schottischen Nationalhelden weltweit existiert. Häufig kommen Delegationen aus Schottland eigens für diesen Brief in das Lübecker Stadtarchiv, es gab Bestrebungen, ihn als nationales Kulturgut nach Schottland zu holen. Die letzten Bemühungen im vergangenen Jahrhundert kam aber zu dem Schluss, dass Lübeck das Stück zu Recht besitzt: Es ist schließlich der Empfänger dieses Briefes – darum gehört er nach Lübeck.