Im Mittelalter wurde über die aus der Bibel bekannte Maria Magdalena eine spätere Geschichte erzählt: Sie sei nach der Auferstehung Jesu in die Wüste gegangen und büßte dort. Die zeitgenössische Künstlerin Kiki Smith lässt diese Zeit in der Wildnis durch ein Haarkleid deutlich werden, das der Frau gewachsen ist.
Die Skulptur als Leihgabe der Possehl-Stiftung steht nicht zufällig an diesem Ort: Das im Volksmund so genannte Burgkloster war ursprünglich Maria Magdalena geweiht worden. Außerdem war an diesem Ort bis 2011 das Kulturforum Burgkloster, ein Ort, der sich mit zeitgenössischer Kunst beschäftigte. Diese Aufgabe hat jetzt die Kunsthalle St. Annen.
Auch wenn es nicht unbedingt in der Figur angelegt ist, kann man den angeketteten Fußring der Maria Magdalena als Verweis auf das Gerichtsgebäude und Gefängnis sehen, das über Jahrzehnte hinweg im Burgkloster angesiedelt war.
Die amerikanische Künstlerin Kiki Smith beschäftigte sich vor allem seit den 1980er-Jahren mit dem menschlichen Körper und seiner Verwundbarkeit. Gleichzeitig verarbeitet sie in ihren Kunstwerken Motive der christlichen Martyrien und der Kunst des Mittelalters. Beide Aspekte ihres Schaffens sind in der Skulptur der Maria Magdalena vereint, die 1994 geschaffen wurde und 1996 nach Lübeck kam. Nach der Errichtung des Europäischen Hansemuseums wurde Maria Magdalena wieder an ihrem alten Ort aufgestellt.