Lübeck tritt auf der Stelle. Ich in die Pedale.
Noch zwei Wochen. Dann ist Schluss. Dann gebe ich mein Atelier ab – meinen Übergangsraum, mein Zwischenreich, mein selbstgestemmtes Kunst-Quartier mitten in Lübeck, das viel beherbergt hat: Ideen, Gespräche, Gäste, Experimente – und vor allem: mich. Und während ich zwischen Farbe, Rahmen und Verpackungsmaterial stehe, ruft das Leben noch mal laut “Action!”. Diese Woche: Pimp my Rollator in Hamburg.
Ein sozialgestalterisches Projekt, das zeigt, wie viel Haltung ein Hilfsmittel haben kann. Ich werde einem Rollator Tempo verleihen. Ihn schnell aussehen lassen. Für die Langsamen. Weil ich glaube, dass Design nicht elitär sein muss. Sondern empowern darf. Nächste Woche: Braunschweig. Vernissage meiner Ausstellung „#reality“. Eine Schau über das, was ist – und das, was wir daraus machen. In Lübeck? Hält sich das Interesse daran in engen Grenzen. Zu unbequem vielleicht. Zu laut. Oder einfach zu weit weg vom Status quo der Stadtmarketing-Gemütlichkeit.
Sei’s drum. Kunst geht dahin, wo sie gesehen werden will. Ach ja, fast vergessen: Ich soll mein Atelier eventuell schon früher abgeben. Weil der Veranstalter festgestellt hat, dass er ja auch noch Möbel ausräumen muss. Dumm gelaufen. Termin? Schwierig. Der Herr war im Urlaub. Kann man verstehen. Nur: Nach dem Urlaub… kam halt nichts. Man muss eben Prioritäten setzen. Und Kunst ist in Lübeck nun mal keine. Zumindest keine, die stört, kratzt oder Fragen stellt. Also jongliere ich jetzt: Zwei Ausstellungen. Eine Atelier-Auflösung. Und – weil’s ja nicht reicht – noch ein Umzug: Ich helfe Bling Bling Bikes beim Tapetenwechsel. Rein in die Fischergrube. Rauf auf ein neues Level. Support your local Glitter. Mit Muskelkraft. Und ja: Ich muss ganz schön in die Pedale treten. Aber genau dafür hab ich das alles gemacht. Nicht um stillzustehen. Sondern um loszufahren. Mit Schwung. Mit Haltung. Und mit dem Willen, auch die unbequemeren Wege zu nehmen.
Denn die führen am Ende meist zu den besseren Orten. Oder wie ich oft sage: Viele Wege führen nach Ruhm. Achso, aus Gründen: Liebesbriefe, Feedback, Beschimpfungen oder was euch sonst so einfällt, nehme ich gerne unter alex@iwrotethisshit.com entgegen.
Über den Autor
Alexander Lachmann, geboren 1982, ist kreativer Unternehmensberater – wobei „Creative Director Text und Konzept“ auf den meisten Visitenkarten mehr Platz einnimmt als Verständnis erzeugt. Er denkt sich Werbekampagnen aus. Schreibt sie auch. Vom großen Gedanken bis zum kleinsten Insta-Post. Filme, Plakate, Flyer. Alles, was wirkt. Und jetzt eben auch diese Kolumne.
Wer wissen will, was er sonst so verbrochen hat: www.iwrotethisshit.com
Ende 2024 hat er sein Kunstprojekt www.einwortsagtmehralstausendbilder.de ins Leben gerufen – ein Experiment an der Schnittstelle von Wort und Wirklichkeit. Bereits im Januar 2025 folgte seine erste Ausstellung „#reality“ im Übergangsraum Lübeck – ganz ohne Galeriebetrieb, dafür mit Haltung.
Am 26. Juni eröffnet die Ausstellung neu kuratiert und um 12 Bilder erweitert in Braunschweig. Wer dabei sein möchte, meldet sich unter 0531 / 4807963 oder per Mail an einladung@paritaetischer-bs.de an. Wer später schauen will: Die Bilder bleiben eine Weile hängen.
Und Lachmann?
Der bleibt in Bewegung – noch bis 30. Juni im Übergangsraum am Rathaus. Danach wieder: unterwegs. Auf der Suche. Nach dem nächsten Ort, der Lust auf echte Kunst hat. Und keine Angst vor klaren Worten.
Photo Credits: Alexander Lachmann