Ein neuer Dom für eine wachsende Stadt
1230 beginnt ein ehrgeiziges Bauvorhaben: Der romanische Vorgängerbau des Lübecker Doms wird abgelöst – und eine gotische Kathedrale entsteht. Was steckt hinter diesem architektonischen Wandel?
Der Dombau als Ausdruck von Wandel und Macht
Im Jahr 1230 fällt Lübeck eine mutige Entscheidung: Die Bürgerschaft ersetzt den alten romanischen Dom durch einen gotischen Neubau. Damit will die Stadt zeigen, dass sie sich im Ostseeraum als geistliches, wirtschaftliches und politisches Zentrum behauptet.
Schon der Baustil setzt ein Zeichen. Lübeck wählt die damals neue Backsteingotik, die bald die gesamte Nordseeküste prägen wird. Durch diesen Sakralbau demonstriert die Stadt ihren wachsenden Einfluss – sowohl als Hansestadt als auch als Bischofssitz.
Der Dombau zieht sich über Jahrzehnte, kostet gewaltige Summen und verlangt geschicktes Management. Dennoch finanziert der Rat das Projekt, denn er möchte die Stärke von Bürgerschaft und Kirche sichtbar machen. Zudem pflegt Lübeck enge Kontakte zur Reichskirche sowie zu Orden und Bistümern – Verbindungen, die sich im Bauvorhaben widerspiegeln.
Gleichzeitig entsteht mit der Marienkirche ein zweites Wahrzeichen. So bilden Dom und Marienkirche ein architektonisches Doppel: Der Dom verkörpert kirchliche Autorität, die Marienkirche bürgerliche Selbstständigkeit. Gemeinsam zeigen beide Bauwerke, wie Lübeck im Mittelalter bürgerliche und geistliche Macht geschickt miteinander verbindet.
Photo Credits: AdobeStock_262711763