EIN MANN NAMENS OTTO
Remakes werden von den Filmstudios immer wieder gerne produziert, da man darauf bauen kann, dass der Film ja bereits einmal funktioniert hat – und was einmal klappt, das wird auch beim zweiten Mal vermutlich auch nicht scheitern. Bei „Ein Mann namens Otto“ orientierte man sich am schwedischen Originalfilm, sowie dem Roman, in dem der Otto noch Ove hieß. Mit Tom Hanks als mürrischer, alter Otto ist diese Neuinterpretation bestens besetzt. Doch funktioniert die skandinavische Geschichte auch in der amerikanisierten Version?
Skandinavische Filme sind nicht meine Leidenschaft und wenn ich die Wahl zwischen Tom Hanks und Rolf Lassgård habe, dann fällt mir die Entscheidung leicht, zumal ich von Letzterem zuvor noch niemals gehört habe. Da dürft Ihr mich gerne als Kulturbanause beschimpfen. Ich war als Kind schon im Kino, um Blockbuster wie „Big“ oder „Scott und Huutsch“ zu sehen. Seinen Wechsel ins Charakterfach nahm der als „Forrest Gump“ legendär gewordene Mime mit Bravour. Er gehört zu den Wenigen, die seit Jahrzehnten immer noch im A-Liga-Bereich tätig sind. Deshalb war ich auf „Ein Mann namens Otto“ auch durchaus gespannt.
Der Witwer Otto Anderson (Tom Hanks) ist ein alter Stinkstiefel, der seiner Nachbarschaft mit seinem zwanghaften Ordnungswahn gehörig auf den Wecker geht. Grummelig dreht er jeden Morgen seine Runde durch die verkehrsberuhigte Straße, um die Mülltrennung seiner Mitmenschen zu korrigieren und Falschparker zu maßregeln. Ein freundliches Wort kommt ihm dabei nicht über die Lippen. Wie auch, sieht es in seinem Inneren doch kalt und leer aus, seit seine geliebte Frau Sonya (Rachel Keller) vor sechs Monaten verstarb. Folgen möchte er ihr und seinem Leben schleunigst ein Ende bereiten. Doch vorher muss der ordnungsliebende Otto, der gerade in den Ruhestand gewechselt ist, noch Telefon und Strom abbestellen. Er zahlt ja schließlich nicht umsonst.
Doch seine Fluchtversuche ins Totenreich bleiben erfolglos. Mal reißt der Strick von der Decke, ein andern Mal nerven die neu zugezogenen Nachbarn, die Familie Mendes. Diese besteht aus dem etwas tüffeligen Tommy (Manuel Garcia-Rulfo), seiner schwangeren Frau Marisol (Mariana Treviño) und ihren liebreizenden Töchtern Luna (Christiana Montoya) und Abbie (Alessandra Perez). Mal braucht Tommy ein Werkzeug für die Renovierungsarbeiten, mal hat Marisol etwas zu essen gekocht, dass sie als Dank bei Otto abgibt.
Aufgrund der Herzlichkeit der neuen Mieter nähert sich Otto, eigentlich ungewollt, gegenüber all seinen Nachbarn, mit denen er sich einst prima verstand, aufs Neue. So zum Beispiel Reuben (Peter Lawson Jones), mit dem er einst eng befreundet war und aufgrund einer Nichtigkeit die Freundschaft beendete. Zwar ist Reuben mittlerweile ein teilnahmsloser Pflegefall, um den sich seine Frau Anita (Juanita Jennings) liebevoll kümmert, doch tief im Inneren ist auch er noch irgendwo vorhanden und zeigt dies mit aller Mühe und Not seinem alten Kameraden. Auch der geistig eher simpel gestrickte Jimmy (Cameron Britton) und der zeitungsaustragende Malcolm (Mack Bayda), der aufgrund seiner Transsexualität von seinem Vater verachtet wird, erhält durch Otto eine neue Bezugsperson, was dieser heimlich genießt, es aber nicht zugeben mag. Und dann wäre da noch die herumstreunende Katze, die sich Otto als neues Herrchen ausgesucht hat. Sie alle erwärmen das Herz des mürrischen, lebensmüden, alten Mannes und verschaffen ihm neuen Mut auf der Zielgeraden des Lebens.
Die Geschichte, die uns Ein Mann namens Otto erzählt, ist altbekannt und erinnert nicht von ungefähr an Clint Eastwoods großartigen „Gran Torino“ – nur halt in einer süßlicheren, etwas kitschigeren Variante. Hier und da musste ich auch daran denken, ob Forrest Gump nicht ähnlich verbittert gewesen wäre, hätte seine geliebte Jenn-nii-hii ihm nicht einen Sohn vor ihrem Ableben hinterlassen. Tatsächlich erinnert Otto ein wenig an den wohl liebevollsten Charakter, den Tom Hanks einst darstellte. Das mag dem ein- oder anderen weniger gefallen, zumal der Originaldarsteller Rolf Lassgård wohl mehr Ecken und Kanten besaß. Für mich war diese Hollywoodvariante aber ein schöner, kleiner Film, bei dem man mal lachen- und mal weinen konnte. Regisseur Marc Forster, dem größere Projekte wie „World War Z“ oder gar der epileptisch geschnittene „James Bond: Ein Quantum Trost“ irgendwie aus der Hand glitten, schuf hier einen herzerwärmenden, schönen Film mit tollem Cast. Insbesondere Mariana Treviño fällt positiv ins Gewicht und schafft es sogar, oftmals Tom Hanks die ein- oder andere Szene zu rauben. Einfach schön.
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