DEEP IMPACT
Im Kino hatte der Weltuntergang Ende des 20. / Anfang des 21. Jahrhunderts Hochkonjunktur. 1988 war zum Beispiel das Jahr der Killer-Kometen. Steven Spielberg produzierte damals den hochkarätig besetzten Blockbuster „Deep Impact“, den ich Euch heute in Erinnerung bringen möchte.
Welch ein Zufall. Gleich zwei Jahre in Folge standen sich zwei parallel produzierte Hollywoodblockbuster mit ähnlicher Thematik in direkter Konkurrenz gegenüber. Im Jahr 1997 waren es unkontrolliert ausbrechende Vulkane in den Thrillern „Dantes Peak“ und „Volcano“, die um die Gunst des popcornfutternden Publikums buhlten. Ein Jahr später schickte Michael Bay einen Trupp Öl-Bohrer, angeführt von Bruce Willis ins All, um einen allesvernichtenden
Kometen zu sprengen, der sich auf Kollisionskurs mit der Erde befand. „Armageddon“ war ein Mords Hit an der Kinokasse, jedoch auch ein strunzdummer Film.
Zwei Monate bevor das Spektakel seinen Lauf nahm, hatte Regisseurin Mimi Leder mit ihrer Interpretation eines Weltuntergangsszenarios durch Kometeneinschlag die Starttermin-Nase vorn. Zwar konnte „Deep Impact“ nicht ganz so viele zahlende Zuschauer anlocken wie der direkte Konkurrent, dafür ging Frau Leder die Sache hier etwas ruhiger, besonnener und – zumindest zum Teil – glaubwürdiger an.
Eines Abends entdeckt der jugendliche Hobbyastronom Leo Biederman (Elijah Wood) ein ihm unbekanntes Objekt am Sternenhimmel. Seine Anfrage beim Astronomen Dr. Marcus Wolf (Charles Martin Smith), um welchen Stern es sich denn handeln würde, bleibt jedoch unbeantwortet. Leider aus gutem Grund, denn Wolf, der entdeckt, dass es sich um einen Kometen handelt, der sich auf direktem Kollisionskurs mit der Erde befindet, kann aufgrund eines tödlichen
Autounfalls, den er in der Hektik der Entdeckung verursacht, niemanden mehr warnen.
Es geht ein volles Jahr ins Land, ehe die Regierung aufmerksam auf die Gefahr wird und die Bevölkerung informiert. Kurz bevor dies geschieht, kommt die junge, aufstrebende Reporterin Jenny Lerner (Téa Leoni) ungewollt der Sache auf die Spur, wird jedoch vom US-Präsidenten Tom Beck (Morgan Freeman) vorerst um Geheimhaltung bis zur anstehenden Pressekonferenz gebeten. Als Belohnung für ihre Geduld erhält sie einen Platz in der ersten Reporterreihe und darf dem Staatsoberhaupt die Eröffnungsfrage stellen, was ihrer Karriere einen ungeheuren Schub verpasst. Doch wird ihr dieser noch etwas nützen?
Ass im Ärmel
Vermutlich ja, denn die Regierungen der führenden Länder haben noch ein Ass im Ärmel, in Form eines Raumschiffs mit dem Namen Messiah. Dieses soll, unter der Führung eines erfahrenen Apollo-Astronauten im Ruhestand, Captain Spurgeon Tanner (Robert Duvall), auf dem Gestein landen und mittels Nuklearsprengköpfen die Flugbahn des Kometen ändern. Doch auch für den Fall des Versagens der Mission ist gesorgt. Mittels eines Lotterieverfahrens werden Bürger der USA ausgelost, die in einem Bunker in den Bergen den Aufprall des alleszerstörenden Planeten zwecks Fortbestandes der menschlichen Rasse überleben dürfen. Leo Biederman bekommt als Entdecker des Gesteins ebenfalls ein Ticket für diese Rettungsmaßnahme. Um seine Freundin Sarah (Leelee Sobieski) zu retten, ehelicht er die junge Dame flugs. Doch ihre Eltern stehen nicht auf der Liste der Glücklichen, was zu Spannungen führt.
Während es in Michael Bays „Armageddon“ selbstredend nur um den Krawall geht, menschelt es unter der Regie von Mimi Leder. So nutzt zum Beispiel TV-Moderatorin Jenny Lerner die Gunst der Weltuntergangsstunde, um mit ihrem Vater (Maximilian Schell), der einst ihre Mutter (Vanessa Redgrave) für eine jüngere Frau verließ, wieder ins Reine zu kommen. Schauspielerisch hat dieser Film gegenüber seinem Konkurrenten deutlich die Nase vorn und ist bis in die kleinste Nebenrolle fantastisch besetzt (u.a. James Cromwell, Jon Favreau, Kurtwood Smith und reihenweise weiterer, versierter Mimen tummeln sich hier). Auch die Effekte können sich, trotz ihres Alters, noch immer sehen lassen und emotional funktioniert der Film auch über weite Strecken.
Aber halt nur über weite Strecken, denn leider regiert hier weitestgehend der Kitsch. Dass ist nicht schlimm und auch so gewollt, man sollte es sich vor dem Filmgenuss aber klar machen, dass dieser realistisch gedachte Versuch, einen Weltuntergangsfilm zu inszenieren, keineswegs glaubhaft überzeugen kann.
Es beginnt schon mit der Musik von James Horner, die zwar groß und pompös daherkommt, vor Schmalz aber nur so trieft. Das größte Manko aber ist die unglaubliche Harmonie der Menschen, die hier trotz des androhenden Weltuntergangs herrscht. Zwar sieht man kurz im Hintergrund in den Nachrichten, dass ausufernde Brände nicht mehr gelöscht werden und wild um sich greifen, da die Feuerwehrleute einfach nicht mehr zum Dienst erscheinen, einen weiteren Belang hat diese kurz eingestreute Information allerdings nie. Stattdessen liegen sich hier die Menschen in den Armen und schluchzen, obwohl sie in der Realität vermutlich eher „purgen“ würden. „Deep Impact“ aber ist der Film, den man mit Mutti gut am verregneten Sonntagnachmittag auf der Couch bei Tee und Gebäck schauen kann – und das ist ja auch nichts Schlechtes.
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