Lisa von Lübeck
„Eine Schiffsglocke findet sich auf jedem Schiff – und unsere hat eine ganz besondere Geschichte“, begründet Christian Gärtner, warum die Glocke der „Lisa von Lübeck“ sein Lieblingsstück ist. Der Quartiermeister des Hanseschiffs sorgt eigentlich dafür, dass das Schiff immer gut besucht ist – in diesem Jahr fällt dieser Teil der ehrenamtlichen Arbeit eher mau aus. „Aber genug zu tun ist hier immer“, wie Gärtner findet.
„Lisa von Lübeck“ steht auf der Messingglocke, die zentral auf dem Vorderschiff der gleichnamigen Kraweel platziert ist. Sie ist nicht nur ein beliebtes Fotomotiv, sondern auch für ein Schiff unabdingbar, wie Christian Gärtner erklärt
Alle fünf Minuten
„Sogar heutige Tanker haben Schiffsglocken. Bei Nebel wird die Glocke alle fünf Minuten geschlagen, um die Position des Schiffs anzuzeigen.“ Und die Glocke der „Lisa von Lübeck“ hat, wie das gesamte Schiff, eine besondere Geschichte. „Seit Anfang der 1990er-Jahre gibt es die Gesellschaft Weltkulturgut Hansestadt Lübeck, die auch die Kaweel gebaut hat.“ Initiiert wurde das Projekt von der Namenspatronin, der Mäzenin Lisa Dräger. „Lübeck muss ein Hanseschiff bauen“, hatte sie konstatiert. Und zwar keine Kogge, wie Bremen oder Kiel, sondern die modernere und größere Kraweel. Der Bau, ohne reale Vorbilder, nur nach Bildern und Rekonstruktionen, fand dann zwischen 1999 und 2004 auf der Wallhalbinsel statt. „Die rund 300 arbeitslosen Jugendlichen, die hier mitgearbeitet haben, sind gleichzeitig zu Bootsbauern qualifiziert worden.“
Aber noch bevor das Schiff tatsächlich losfahren konnte, wurde die Schiffsglocke nachts gestohlen. „Die war von einem Sponsoren gestiftet worden. Wir mussten einen Ersatz gießen lassen“, berichtet Gärtner. Um so märchenhafter war dafür das Wiederauftauchen des Stücks: Bei einem Dachstuhlbrand in der Innenstadt entdeckte die Feuerwehr die Glocke im Brandschutt. „Tja, so ein Feuer kann auch etwas Gutes haben…“ konstatiert der pensionierte Flugzeugtechniker. Und so kam sie wieder zu ihrem angestammten Platz an Deck: „Der Ersatz ist jetzt unsere Mittagsglocke im Unterdeck.“ Und – Vorsicht ist besser als Nachsicht – nachts wird die Glocke, wie auch die Rettungsringe, abmontiert und verstaut. Wenn zu viele Gäste an Bord sind, passiert es schon mal, dass der Klöppel angebunden wird, um zu wildes Läuten zu verhindern. „Aber wenn wir zum Beispiel mit Schulklassen unterwegs sind, dann sind die Kinder sehr achtsam. Mit denen sind die Fahrten immer besonders schön“, findet Christian Gärtner.
Die Glocke ist – wie auch das ganze Schiff – repräsentativ und schön. Ich freue mich immer, dass es beides gibt.
Photo Credits: Piste