Zwei Polizeiwagen stehen hintereinander.

Jugendeinrichtung in Lübeck

Polizei im Dauereinsatz und wachsende öffentliche Aufmerksamkeit

Die Situation in der Jugendeinrichtung St. Lorenz Nord ist äußerst problematisch. In dieser Einrichtung werden sowohl Schutzbedürftige als auch Intensivtäter gemeinsam untergebracht, was zu erheblichen Spannungen und Problemen führt. Die Polizei muss nahezu täglich vor Ort erscheinen, um Vorfälle zu klären oder einzugreifen.
 
Im Durchschnitt steht die Polizei einmal täglich vor der Tür der Jugendeinrichtung, doch manchmal kommt sie auch dreimal in einer Nacht. Besonders häufig beschäftigen Vermisstenfälle die 110 Polizistinnen und Polizisten des 2. Polizeireviers, wenn es um die Inobhutnahmestelle für Jugendliche in St. Lorenz Nord geht. „Auch wenn Jugendliche wiederholt verschwinden, bringen wir sie jedes Mal zurück in die Einrichtung“, berichtete Revierleiterin Astrid Möller kürzlich im Jugendhilfeausschuss der Bürgerschaft.
 
Die von der Diakonie Nord Nord Ost betriebene Einrichtung, die Jugendliche aufnimmt, die aus verschiedenen Gründen nicht zu Hause leben können, steht seit Monaten im öffentlichen Fokus. Die Stadtverwaltung erklärt, dass „die Situation in der Inobhutnahmestelle immer wieder angespannt und für die Fachkräfte vor Ort sowie im Jugendamt herausfordernd ist.“ Lübecker Jugendpolitiker wollen nun genau wissen, was dort vor sich geht.

Vermisstenfälle, Straftaten und überforderte Fachkräfte

Die Polizei kommt aus zwei Gründen zur Jugendeinrichtung, entweder wegen Vermisstenfällen oder weil Bewohner der Einrichtung verdächtigt werden, Straftaten begangen zu haben, die von Bagatelldelikten bis zu schweren Straftaten reichen. In der Inobhutnahmestelle gibt es auch sogenannte Intensivtäter, berichtete Sarah Frenz, die stellvertretende Leiterin des Jugendamtes. Im ersten Halbjahr 2024 gab es laut Bezirkskriminalinspektion 130 Vermisstenfälle und 46 Straftaten.

Sarah Frenz bat um Verständnis für die Mitarbeitenden der Inobhutnahme, die trotz der Herausforderungen hervorragende Arbeit leisten. Anhand anonymisierter Fälle berichtete sie den Politikerinnen und Politikern von den Schicksalen der Jugendlichen. So war beispielsweise ein 14-jähriges Mädchen in der Einrichtung untergebracht, das ihrem Schulsozialarbeiter von Gewalt in ihrer Familie berichtet hatte.
 
Ein 16-jähriger Junge, der aufgrund seines aggressiven Verhaltens bereits in zwei Wohngruppen gescheitert ist und nicht zu Hause wohnen darf, bringt selbst erfahrene Fachkräfte an ihre Belastungsgrenzen. Bisher ist es nicht gelungen, ihn in andere Einrichtungen zu vermitteln.

Neue Plätze und steigende Kosten aufgrund der vollen Belegung

Ein 17-jähriger Syrer lebt in der Einrichtung, bis ein Platz in einer Flüchtlingsunterkunft gefunden wird. Der junge Mann benötigt intensive Betreuung. Im vergangenen Jahr nahm die rund um die Uhr geöffnete Einrichtung 125 Jungen und 89 Mädchen auf. Aktuell hat die Inobhutnahme 14 Plätze für die Unterbringung von Jugendlichen ab 12 Jahren. Da die Einrichtung voll belegt ist, planen Diakonie und Hansestadt einen weiteren Standort mit fünf Plätzen.

Anträge zur Betriebsgenehmigung wurden bereits gestellt, berichtete Lutz Regenberg von der Diakonie im Jugendhilfeausschuss. Eine passende Immobilie wurde gefunden, und die zusätzliche Einrichtung soll voraussichtlich im Herbst starten. Die Kosten werden um 660.000 Euro auf insgesamt 2,5 Millionen Euro pro Jahr steigen.

Neue Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen

Zusätzliche Maßnahmen sind geplant. Für Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren, die kurzfristig Hilfe benötigen und untergebracht werden müssen, soll eine stationäre „Clearing-Wohngruppe“ eingerichtet werden. Diese Maßnahme würde jährlich 1,3 Millionen Euro kosten. Die Verwaltung gibt an, dass derzeit Verhandlungen mit einem möglichen Träger geführt werden.

Die Suche nach einer geeigneten Immobilie gestaltet sich jedoch als schwierig. Geplant sind sieben Plätze, die ausschließlich von der Hansestadt genutzt werden sollen, was eine pauschale Entgeltfinanzierung erforderlich macht. Für die Unterbringung älterer Jugendlicher ist außerdem vorgesehen, die Anzahl der Plätze in diesem Jahr weiter zu erhöhen.

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