Die Altstadt von Lübeck in einer Luftaufnahme.

Maßnahmenpaket zum Klimaschutz

Heftige Debatte und Unterbrechung der Sitzung

Die Hansestadt Lübeck hat das ehrgeizige Ziel, bis 2035 klimaneutral zu werden. Allerdings gestaltet sich der Weg dahin schwierig und voller Herausforderungen. Dies wurde besonders deutlich in einer lebhaften und teils turbulenten Debatte innerhalb der Bürgerschaft.

Selten gab es in der Lübecker Bürgerschaft so viel Aufregung über ein Thema, bei dem eigentlich Einigkeit herrscht. Der Streitpunkt war Tagesordnungspunkt 9.1: „Masterplan Klimaschutz – Umsetzung von prioritären Aktivitäten“. Axel Flasbarth, der Fraktionschef der Grünen, verteidigte sich am Rednerpult vehement gegen die heftige Kritik der anderen Parteien. Er geriet dabei so in Rage, dass die Sitzung unterbrochen werden musste. Am Ende erhielt der Politiker eine Rüge vom Stadtpräsidenten Henning Schumann (CDU) und entschuldigte sich. Aber warum wurde die Debatte überhaupt so hitzig?

Rückblick: Im September 2023 beschloss die Bürgerschaft, dass Lübeck bis 2035 klimaneutral werden soll – ein ehrgeiziges Ziel. Die Bundesrepublik strebt dieses Ziel erst bis 2045 an, die EU sogar erst bis 2050. Die Stadt hat nun zwei Maßnahmenlisten vorgelegt. Liste eins wird bereits von der Verwaltung bearbeitet, Liste zwei enthält weitere, vorrangige Maßnahmen. Es handelt sich um zahlreiche Einzelpunkte: von der Ausweitung des ÖPNV über die Wiedervernässung von Mooren bis hin zum Ausbau der Photovoltaik und der Ausweisung zusätzlicher Fahrradstraßen. Beide Listen sollten von den Politikerinnen und Politikern genehmigt werden.

Kurzfristiger Änderungsantrag entfacht hitzige Debatte in Lübecker Bürgerschaft

Kurz vor der Sitzung hatten CDU, FDP und Grüne einen Änderungsantrag eingebracht, in dem sie 14 Punkte streichen oder verschieben wollten. Dabei ging es hauptsächlich um Klimaschutzmaßnahmen, bei denen die Verwaltung Standards formuliert hatte, die von Bundes- oder Landesvorgaben abweichen. Die drei Fraktionen beriefen sich auf einen Bürgerschaftsbeschluss, der solche Abweichungen verhindern sollte. Zudem wollten sie Maßnahmen wie den „Prüfauftrag zur Mindestbreite von Fußverkehrsanlagen“ und die Erarbeitung eines „Materialstandards für den Neubau privater Haushalte“ nicht weiter verfolgen.

Die übrigen Fraktionen reagierten empört und argumentierten, dass ein so kurzfristig eingereichter Antrag nicht mehr sorgfältig geprüft werden könne. CDU, FDP und Grüne sahen die Verantwortung dafür bei der Verwaltung, da diese wichtige Informationen erst spät geliefert habe. Als die eigentliche Sachdebatte begann, war die Atmosphäre im Saal bereits erhitzt – und das lag nicht am Wetter.

SPD und Freie Wähler werfen Grünen mangelnden Klimaschutz vor

Marek Lengen (SPD) sprach von „massiven Streichungen“ und äußerte Verwunderung darüber, dass ausgerechnet die Grünen weniger Klimaschutzmaßnahmen wollten. „Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen“, bemerkte er. Juleka Schulte-Ostermann zeigte sich besonders von den Grünen enttäuscht und lehnte den Antrag ab, unter anderem weil er die Angleichung der Parkgebühren an die ÖPNV-Kosten aufschieben wolle. „Parken ist mit zwei Euro günstiger als eine Busfahrkarte“, betonte sie.

Gregor Voht (Freie Wähler) kritisierte, der Änderungsantrag bringe „Sand ins Getriebe“. „Ich habe noch kein Wort darüber gehört, warum es mit diesem Antrag besser wird“, ergänzte Peter Petereit, Fraktionschef der SPD. Detlev Stolzenberg (Unabhängige) bemängelte, dass die Wünsche nicht in den Fachausschüssen behandelt worden seien. „In der Bürgerschaft sind die zuständigen Experten der Verwaltung nicht dabei“, sagte er.

Kontroversen und Kompromissvorschläge

Christopher Lötsch, Fraktionschef der CDU, betonte, dass eigene Lübecker Standards mehr Personalaufwand bedeuten würden. „Wir haben Punkte gestrichen, die die Verwaltung aufgrund des Bürgerschaftsbeschlusses selbst hätte streichen müssen“, erklärte Thorsten Fürter, Fraktionschef der FDP. Er fügte hinzu, dass eigene Standards nicht notwendig seien und jede Kommune nicht ihr eigenes Süppchen kochen müsse. „Wir müssen beim Klimaschutz schneller werden.“

Axel Flasbarth hob die positiven Aspekte hervor: „Es ist ein großartiger Tag für den Klimaschutz.“ Die Debatte sei „ein Streit über Nebensächlichkeiten“, bei dem nur „Kinkerlitzchen“ aus dem Plan entfernt würden. Die wirklich wichtigen Maßnahmen, wie der Ausbau der Fernwärme, würden ohnehin noch folgen. „Das wird uns Milliarden kosten.“

Umweltsenator Ludger Hinsen (parteilos) bat die Bürgerschaftsmitglieder darum, „uns nicht die Instrumente aus der Hand zu schlagen, die wir benötigen“. Es gehe darum, die Verwaltung zu entlasten und nicht zusätzliche Standards zu schaffen. Er schlug vor, eine salvatorische Klausel einzufügen, sodass Punkte, die nachweislich der Verwaltungsvereinfachung dienen, auf der Liste bleiben dürfen.

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