Film

Chrischis Filmtipp zum Wochenende

Der weiße Hai

Hurra, der Sommer ist endlich da! Und um Euch die anstehende Badesaison so richtig zu versauen, geht es diesmal passenderweise um den allerersten Blockbuster der Filmgeschichte, der anno 1975 für leere Strände gesorgt hat: Steven Spielbergs Meisterwerk „Der weiße Hai“.

Der Ex-New Yorker Cop Martin Brody (Roy Scheider) hat der Sicherheit seiner Frau Ellen (Lorraine Gary) und seiner Kinder wegen den ruhigen Posten des Polizeichefs im Badeort Amity auf Long Island angenommen. Ein besinnliches Inselörtchen, an dem die schlimmsten Verbrechen zerstörte Gartenzäune durch achtjährige Karateschüler oder Parksünder vor belebten Ladenzeilen zu sein scheinen. Doch kurz vor dem Start in die neue Badesaison kommt nachts eine junge Schwimmerin namens Chrissie Watkins (Susan Backlinie) ums Leben. Die Überreste, die am Strand tags darauf von ihr gefunden werden, lassen dem Gerichtsmediziner keinen Zweifel: Es war ein Haiangriff.

Sofort entscheidet sich der besonnene Polizeichef, die Strände zu schließen. Doch der um die für den Badeort und seine ansässigen Bewohner wichtigen Sommereinnahmen fürchtende Bürgermeister Larry Vaughn (Murray Hamilton) macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Zusammen mit dem Zeitungsherausgeber Meadows (Carl Gottlieb) und dem anfangs noch vom Haiangriff überzeugten, für das Publikum namenlosen, Gerichtsmediziner (Robert Nevin), reden sie dem Neuankömmling Brody ins Gewissen: „Schreien Sie Barracudas, dann werden sie sagen: Hä? Was? Schreien Sie Haie, dann haben wir am 4. Juli eine handfeste Panik!“

Brody bleibt jedoch nicht untätig und verbringt seine Zeit fortan so oft wie möglich als Beobachter am Strand. Doch der wasserscheue Polizist kann nicht verhindern, dass es ein weiteres Todesopfer zu betrauern gibt. Der auf einer gelben Luftmatratze im Wasser spielende Junge Alex Kintner (Jeffrey Voorhees) wird vor Brodys und den Augen der anderen Badegäste, inklusive Alex’ Mutter (Lee Fiero), geradezu zerfetzt. Die am Boden zerstörte Frau setzt daraufhin eine Belohnung von 3000 Dollar auf den Kopf des Hais aus, wodurch ein regelrechter Jagdtourismus entsteht. Lediglich Quint (Robert Shaw), der hiesige Haifänger, ist diese Belohnung zu gering. Er verlangt 10.000 Dollar für den Kopf des Killerhais. Eine Forderung, die jedoch von Bürgermeister Vaughn zunächst nur müde belächelt wird.

Es kommt zur Katastrophe

Der Fischer Ben Gardner (Craig Kingsbury) erlegt schließlich einen Tigerhai und sofort ist die Euphorie groß. Doch der soeben angereiste Ozeanograph Matt Hooper (Richard Dreyfuss) nimmt Brody schnell den Wind aus den Segeln, da der Gebissradius des erlegten Killerfischs kleiner ist als bei den Wunden an Chrissie Watkins’ Leichnam. Natürlich versucht Bürgermeister Vaughn, die Sache zu vertuschen, und so kommt es zur Katastrophe. Erst erwischt es Ben Gardner, dann folgt ein weiterer Angriff mit Todesfolge vor den Augen aller Badegäste, ausgerechnet am 4. Juli, dem amerikanischsten aller Feiertage und Start der Hauptbadesaison. Vaughn knickt daraufhin ein und erteilt Quint den kostspieligen Jagdauftrag. Das ungleiche Trio Brody, Hooper und Quint bricht auf, um das Untier zu erlegen.

Die Bestsellerverfilmung nach dem Roman von Peter Benchley wurde Mitte der Siebzigerjahre zu einem weltweiten Phänomen. Bei 8 Millionen Dollar Produktionskosten spielte der Film alleine in den USA satte 260 Millionen Dollar ein, weltweit sogar über 470 Millionen Dollar. Der erste Blockbuster der Filmgeschichte war geboren. Ein Triumph des neuen, jungen Hollywoods.

Doch beinahe wäre alles ganz anders gekommen, denn die Fertigstellung von „Der weiße Hai“ stand mehr als einmal auf der Kippe. Dabei begann für die Produzenten Richard D. Zanuck und David Brown alles recht vielversprechend. Für die Summe von 175.000 Dollar sicherten sie sich die Rechte am Erfolgsroman Benchleys, der 44 Wochen lang die amerikanische Bestsellerliste anführte. Als Regisseur verpflichteten sie den jungen Steven Spielberg, der mit seinem, eigentlich fürs amerikanische Fernsehen gedrehten, Psychothriller Duell einen kleinen Überraschungshit landen konnte. Doch damit begannen die ersten Probleme, denn der junge Visionär hatte gänzlich andere Vorstellungen als seine Geldgeber Zanuck / Brown. Diese wollten als zugkräftigen Namen Charlton Heston gewinnen, doch Spielberg lehnte ab. Er wollte das Publikum nicht durch bekannte Gesichter ablenken und lieber Menschen wie „du und ich“ den Schrecken aus der Tiefe erleben lassen. Somit fiel die Rolle des tapferen Polizisten und Familienvaters Martin Brody an den durch „French Connection“ bekannt gewordenen Roy Scheider, der einen Drei-Filme-Deal bei Universal Pictures unterschrieb. Die Rolle des grimmigen Quint ging an Robert Shaw, der kurz zuvor die „U-Bahn Pelham 1-2-3“ entführen durfte. Für die Rolle des jungen Meeresbiologen Matt Hooper verpflichtete man, erst kurz nach Drehbeginn, den Schauspieler Richard Dreyfuss, der unter der Fuchtel von George Lucas in „American Graffiti“ glänzen durfte.

Im Schneideraum entstand dann die wahre Magie. Aufgrund der häufig ausfallenden Haimodelle griff Spielberg auf einen gekonnten Trick zurück. Er zeigte uns das Geschehen mehrfach aus der Perspektive des Hais oder stellvertretend für das „Monster“ im letzten Drittel die an ihm hängenden Fässer an der Wasseroberfläche. So entstand der Eindruck, man würde die Bestie häufiger zu Gesicht bekommen, als es tatsächlich der Fall war.

Dass der Film bis heute in den Köpfen der Leute fest verankert ist, dürfte auch ein großes Stück weit der Verdienst von Komponist John Williams sein, der mit seinem minimalistischen Score einen Ohrwurm erschaffen hat, der Gänsehaut erzeugt. Überzeugt war Spielberg übrigens nicht, als Williams ihm die ersten Töne erstmals am Klavier vortrug. Einen gewonnenen Oscar später für den Soundtrack machte der Regisseur den meisterhaften John Williams schließlich zu seinem Stammkomponisten, bis heute (siehe „Die Fabelmans“).

Für mich ist und bleibt „Der weiße Hai“ ein Meilenstein der Horrorfilmgeschichte, den man trotz FSK-16-Freigabe auch schon mit jüngeren Zuschauern genießen kann. Mittlerweile lief der Film sogar um 20:15 Uhr unzensiert im TV. Derzeit findet Ihr den Film sowohl im Paket von Netflix, Amazon und MagentaTV – leider mit der nicht so schönen Neusynchronisation. Auf Blu-ray gibt es hingegen auch die Kinofassung als Bonus.

„Der weiße Hai“ ist mehr als nur ein Film; er ist ein Stück Filmgeschichte, das den Sommer 1975 geprägt und bis heute nichts von seiner fesselnden Wirkung verloren hat.

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